Solides Jahresergebnis 2014
Ein stabiles Ergebnis legt der Verkehrsverbund Großraum Nürnberg für das Geschäftsjahr 2014 vor. 227,6 Millionen Fahrten haben seine Fahrgäste im vergangenen Jahr zurückgelegt, das sind knapp 0,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Die leichte Abnahme ist vor allem auf rückläufige Schülerzahlen zurückzuführen. Die Erlöse aus dem Verkauf von Tickets sind um 3,3 Prozent auf 309,2 Millionen Euro gestiegen. Damit tragen die Fahrgeldeinnahmen zu 45 Prozent an der Deckung des Aufwands für das Verkehrsangebot bei, dieser lag bei 681 Millionen Euro. Weiter zunehmend ist die Zahl der Kunden mit einem jährlichen Abo. Insbesondere mit der neuen Variante des FirmenAbos konnten Fahrgäste überzeugt werden. Um mehr Nutzer für die öffentlichen Verkehrsmittel zu gewinnen, baut der Verkehrsverbund seine mobilen Angebote zur Fahrgastinformation sowie zum Ticketkauf weiter aus. Nach dem erfolgreichen Start der App „VGN Fahrplan & Tickets“ im letzten Oktober wird im Sommer dieses Jahres der neue Onlineshop des Verkehrsverbundes in Betrieb gehen. Aktuell bereiten der VGN und seine Verkehrsunternehmen den Einstieg ins elektronische Ticketing vor.
Mehr umweltfreundlichen Verkehr erhoffen sich Verkehrsverbund und Gebietskörperschaften vor allem vom Ausbau der Netze. Am 19. April steht die Stadt-Umland-Bahn Erlangen vor ihrer nächsten Hürde, dann entscheiden die Wähler im Landkreis Erlangen-Höchstadt über die Beteiligung an einem gemeinsamen Zweckverband. Sorge bereitet weiterhin der Stand beim Ausbau der S1 zwischen Fürth und Erlangen. Hier soll mit einer baulichen Zwischenlösung die Kapazität der Strecke erhöht werden um Berufs- und Ausbildungspendlern mehr Fahrtmöglichkeiten bieten zu können.
Zuwächse bei den Stammkunden
„Einen erfolgreichen Weg haben wir mit unserem Neukunden-FirmenAbo eingeschlagen“, berichtet Jürgen Haasler, Geschäftsführer für den Bereich Marketing. Das 2012 eingeführte Abo-Modell ist für mittlere Unternehmen und Institutionen konzipiert und bietet Rabatte zwischen 7,5 und 15 Prozent. Im vergangenen Jahr wurden Verträge unter anderem mit Bosch, Continental, dem Caritasverband, den Erler Kliniken, der DAK, der Umweltbank sowie mit dem Landratsamt Fürth und der Regierung von Mittelfranken abgeschlossen. Mit weiteren Firmen wird derzeit verhandelt. Insgesamt stieg der Absatz von Abos um 1,6 Prozent. Jeder fünfte Fahrgast ist mit einem Jahres- oder Firmenabo unterwegs, drei Viertel aller Fahrgäste mit einer Zeitkarte.
Dämpfend haben sich auf den Verkauf von Tickets die anhaltend niedrigen Spritpreise ausgewirkt. Während in den zurückliegenden Jahren bei deutlich gestiegenen Kraftstoffpreisen mehr Fahrkarten besonders der höheren Preisstufen verkauft wurden, ging im letzten Jahr die Zahl der Fahrten im Regionalverkehr um 0,3 Prozent leicht zurück. In den unteren Preisstufen S, K und Z nahmen die Fahrten um 2 Prozent ab. Bei den kurzen Distanzen werden Wege offenbar häufiger zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt. Im Tarifgebiet Nürnberg nahm die Zahl der Fahrten in der Preisstufe A um 0,4 Prozent zu.
Schülerverkehr schrumpft
Wie schon in den letzten Jahren macht sich der Rückgang der Schülerzahlen bei der Verkehrsnachfrage und der Entwicklung der Einnahmen bemerkbar. Mit Schülermonatsmarken wurden 2014 rund 760.000 Fahrten weniger durchgeführt als im Vorjahr. Das entspricht einem Rückgang von 1,2 Prozent. Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen. Schon in den nächsten fünf Jahren soll die Zahl der Schüler in der Oberpfalz um knapp neun Prozent abnehmen, in Oberfranken um rund 11 Prozent sowie in Mittelfranken um 3,6 Prozent (Quelle: Schüler- und Absolventenprognose Bayern, 2014).
Potenziale erschließen
„Wir stellen fest, dass es immer schwieriger wird, die demografisch bedingten Rückgänge im Schülerverkehr durch Zuwächse in anderen Segmenten wettzumachen“, stellt Haasler fest. Die Verkehrsunternehmen, Aufgabenträger und die Verbundgesellschaft sind deshalb bestrebt, weitere Fahrgastpotenziale zu erschließen: mit der Weiterentwicklung der Tarifangebote, mehr Serviceleistungen und nach Möglichkeit durch den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sowie der Verkehrsangebote.
Geschafft ist der Durchbruch beim Semesterticket. Nach aufwändigen Berechnungen und zahlreichen Gesprächen mit Studierenden, Studentenwerk, Hochschulen und den Kommunen konnte ein Angebot vorgelegt werden, das bei der Urabstimmung der Studierenden auf Zustimmung stieß. Nicht zuletzt die Zusagen der Städte Erlangen, Fürth und Nürnberg sowie der Landkreise Erlangen-Höchstadt, Forchheim, Fürth, Nürnberger Land und Roth, etwaige Ausfälle von Fahrgeldeinnahmen abzusichern, haben das Angebot möglich gemacht. Derzeit wird mit Hochdruck an der Vertriebslösung für das Semesterticket gearbeitet.
Tarifentwicklung
Auch zum 1. Januar 2016 werden die Fahrpreise wieder an die Entwicklung der Kosten bei den Verkehrsunternehmen angepasst. Der Entwurf für eine Erhöhung um durchschnittlich 3,11 Prozent wird derzeit im Kreis der Verbundpartner beraten. Bereits in der Öffentlichkeit diskutiert werden die Vorschläge eines externen Gutachters zur Fortentwicklung des Tarifs im Stadtgebiet Nürnberg. Da die Finanzierung des Nahverkehrs in ganz Deutschland an ihre Grenzen stößt, müssen auch neue Wege beschritten oder zumindest geprüft werden.
Nach zwölf Jahren soll nun auch das erhöhte Beförderungsentgelt (EBE) für Schwarzfahrer von bislang 40 auf 60 Euro angehoben werden. Das sieht der grundsätzliche Beschluss des Bundesrates vom November vergangenen Jahres vor. Soweit der nunmehr vorliegende Verordnungsentwurf des Bundesministers in der Bundesratssitzung am 8. Mai 2015 beschlossen wird, kann die Anpassung des EBE im Sommer auch im VGN umgesetzt werden. Allein im Stadtverkehr Nürnberg entstehen durch Schwarzfahrer Einnahmenverluste in Höhe von 1,5 Millionen Euro jährlich, wie die VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft im März berichtete.
Leichter Zugang zum ÖPNV
Attraktiver soll der öffentliche Personennahverkehr für neue Kunden durch einen leichten Zugang zur Fahrgastinformation sowie zum Ticketkauf werden. Seit Ende Oktober 2014 bietet der Verkehrsverbund die komplett neu programmierte App „VGN Fahrplan & Tickets“ an, die für die Betriebssysteme Android, iOS (iPhone und iPad) und Windows Phone zur Verfügung steht. In den ersten fünf Monaten nach dem Start haben mehr als 50.000 Nutzer die Anwendung installiert, über 3,5 Millionen Fahrplanauskünfte wurden in dieser Zeit berechnet. Die Leistungen der App werden noch erweitert durch eine grafische Ausgabe der Fahrplanauskunft, Infos zum Tarif sowie zu den Freizeitangeboten und künftig auch durch aktuelle Echtzeitdaten.
Mitte des Jahres wird der neue Onlineshop des VGN in Betrieb gehen, mit dem im klassischen Internet sowie per Smartphone Fahrkarten gekauft werden können. Erhältlich sind Print-Tickets, HandyTickets und Abos, zudem können weitere Fahrkarten bestellt werden, die per Post zugeschickt werden. Auch externe Anbieter greifen im Hintergrund auf den VGN-Shop zu und generieren so Kombi-Tickets, zum Beispiel für Sport- und Kulturveranstaltungen. Vertriebspartner für den Onlineshop ist weiterhin die VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg.
In der Zukunft soll der Umgang mit Tickets noch einfacher werden, denn aktuell bereitet der VGN den Einstieg in das so genannte elektronische Ticketing vor. In einem ersten Schritt soll bis 2017 die Umstellung der Abos auf Chipkarten erfolgen. Später sollen dann auch andere Fahrkarten als elektronisches Ticket erhältlich sein.
Ausbau von Infrastruktur und Verkehrsangeboten sichern
Viele Fahrgäste können vor allem dort vom Individualverkehr zum ÖPNV gebracht werden, wo eine hohe Verkehrsnachfrage durch Berufs- und Ausbildungspendler besteht. „Dafür ist es aber notwendig, die Fahrtenangebote und häufig auch die Verkehrsinfrastruktur leistungsfähig auszubauen. Doch gerade in diesem Punkt wartet die gesamte Nahverkehrsbranche in Deutschland auf die überfällige Neuregelung der entsprechenden Finanzierungsinstrumente“, mahnt Andreas Mäder, VGN-Geschäftsführer im Bereich Infrastrukturplanung. So fehlt noch immer die Nachfolge für das 2019 auslaufende Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG), mit dessen Mitteln bislang der Ausbau der kommunalen Verkehrsinfrastruktur gefördert wurde. Verkehrsunternehmen und Kommunen warten auf eine angemessene finanzielle Ausstattung für den Ausbau und in zunehmendem Maße den Erhalt und die Sanierung der Infrastruktur. Mäder ist sicher: „Der VGN hätte sich nicht zum verkehrlichen Rückgrat der Metropolregion entwickeln können, wenn in den vergangenen Jahrzehnten nicht konsequent in den Ausbau des ÖPNV investiert worden wäre“.
Die Fahrtenangebote im regionalen Schienenverkehr werden mit den so genannten Regionalisierungsmitteln finanziert, die vom Bund an die Länder verteilt werden. Nach dem Regionalisierungsgesetz sind diese Mittel für die Jahre ab 2015 neu festzusetzen. Der Bund versucht nun, die finanzielle Ausstattung des ÖPNV im Rahmen des Bund-Länder-Finanzausgleichs zu regeln. Im Januar hatte sich der Beirat der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) mit einer Resolution an die bayerischen Abgeordneten im Bundestag gewandt, mit der Bitte sich für die Interessen des regionalen Schienenverkehrs einzusetzen. Denn es besteht die große Gefahr, dass bei den Verhandlungen zum Finanzausgleichsgesetz in erster Linie taktisch und weniger sachorientiert über die Zukunft der SPNV-Finanzierung entschieden wird. „Als Vorsitzender des BEG-Beirats fordere ich die Politik auf, die dringend benötigten Mittel für den Ausbau und Erhalt des Personennahverkehrs nicht zur Verhandlungsmasse für den Länderfinanzausgleich werden zu lassen, sondern sachorientiert vorzugehen“, unterstreicht Mäder.
StUB vor nächster Hürde
Ein für die Region bedeutsames Verkehrsprojekt ist die Stadt-Umland-Bahn Erlangen (StUB). Für ihren Bau hat der Freistaat über die Regelung nach dem GVFG hinaus eine Sonderförderung zugesagt und damit eine fast einzigartige Finanzierungsgrundlage geschaffen. Vom Bund ist die StUB seit August 2013 in Kategorie C nach dem GVFG-Bundesprogramm 2013 – 2017 eingestuft. In der Zwischenzeit wurden die Kostenschätzungen der standardisierten Bewertung durch kommunale Fachstellen und externe Ingenieurbüros bestätigt. Für eine Hochstufung in die Kategorie A des Förderprogramms sind nun genauere Kostenberechnungen im Rahmen einer Feinplanung erforderlich. Um diese Aufgabe soll sich der vorgesehene Zweckverband der Städte Erlangen und Nürnberg sowie des Landkreises Erlangen-Höchstadt kümmern. Während der Beitritt der Städte zum Zweckverband bereits von deren Stadträten beschlossen wurde, entscheiden am 19. April im Landkreis Erlangen-Höchstadt die Bürgerinnen und Bürger über eine Beteiligung. Mit den Ergebnissen der Feinplanung kann auf der Basis genauer Zahlen über die Realisierung des Bauvorhabens entschieden werden. „Es ist an der Zeit, jetzt endlich die Realisierungsphase anzugehen und nicht noch weitere Jahre mit Diskussionen und komplett neuen Planungen verstreichen zu lassen“, appelliert Mäder.
Regional bedeutsam ist das Projekt deshalb, weil für die Lösung der Verkehrsprobleme im gesamten Raum Erlangen und auch für die Verbindung zwischen den Hochschulstandorten Erlangen und Nürnberg ein leistungsfähiges Verkehrsangebot notwendig ist. Im Vergleich mit einem Bussystem bietet der Schienenverkehr höhere Kapazitäten, ist schneller und hat aus Fahrgastsicht eine höhere Attraktivität. Zwischen Nürnberg-Thon und Erlangen ist der Busverkehr schon lange an seiner Kapazitätsgrenze angelangt. Deshalb ist die durchgehende Straßenbahnverbindung zwischen beiden Städten wichtig. „Es wäre ein Unding“, so Mäder, „die Straßenbahn im Knoblauchsland enden zu lassen und die Studierenden hier nochmals auf den Bus umsteigen zu lassen“.
Ausbau der S1 Nürnberg – Erlangen
Ein weiteres Schienenprojekt mit hoher Bedeutung für die Region ist der noch nicht vollendete Ausbau der Strecke zwischen Fürth und Erlangen. Dieser ist aber die Grundlage für den dort vertraglich fixierten 20-Minuten-Takt der S-Bahn. Nach der ursprünglichen Planung sollte dieser Endausbau spätestens mit der Betriebsaufnahme des schnellen Fernverkehrs Nürnberg – Berlin zum Dezember 2017 geschafft sein. Der laufende Rechtsstreit zum S-Bahn-Verschwenk hat jedoch bereits zu einer Verzögerung beim Baufortschritt geführt. Erst im Frühjahr 2016 wird das Bundesverwaltungsgericht im Hauptsacheverfahren über die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss entscheiden. „Es ist schon eine Paradoxie, dass ausgerechnet die S-Bahnstrecke im VGN mit dem höchsten Fahrgastpotenzial beim Ausbau so weit hinterherhinkt“, klagt Mäder. „Damit das Fahrtenangebot für tausende Berufs- und Ausbildungspendler verbessert werden kann, ist möglichst schnell eine bauliche Lösung erforderlich“.
Für eine Zwischenlösung werden heute am 8. April, fast im Wortsinn, die Weichen gestellt. Denn der bayerische Verkehrsminister Joachim Herrmann und der Vertreter der DB Netz AG, Volker Hentschel, unterzeichnen in Fürth eine Planungsvereinbarung für den Anschluss des so genannten Fürther Bogens an die bestehende Bahntrasse im Bereich Stadeln. Damit könnten spätestens ab Januar 2019 weitere vier Kilometer zusätzliche Gleise sowie auch der zweite S-Bahnsteig am Fürther Hauptbahnhof durch die S1 genutzt werden. Das würde dem S-Bahnsystem mit Sicherheit mehr Kapazitäten und eine höhere Fahrplanstabilität bringen. Außerdem kann dann die bis dahin fertig gestellte Station Fürth-Klinikum bedient werden.
Ob mit dieser Zwischenlösung aber ein reibungsloser Betrieb möglich sein wird, ist zu hinterfragen. Denn vorerst ist nicht klar, nach welchem Fahrplankonzept der Fernverkehr nach der Inbetriebnahme der Aus- und Neubaustrecke Nürnberg – Berlin rollen wird. Ebenso ist das künftige Güterverkehrsaufkommen noch nicht absehbar. Fest steht jedoch, dass sich die S-Bahn nach wie vor die Trassen mit dem Fernverkehr, den Regionalexpress-Zügen sowie dem Güterverkehr teilen muss. Auch wenn es laut dem von der Stadt Fürth in Auftrag gegebenen Gutachten möglich sein sollte, je Richtung drei S-Bahnen je Stunde verkehren zu lassen, dürfte es sich noch nicht um einen durchgehenden 20-Minuten-Takt handeln. Und für den Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht im Frühjahr 2016 gegen den Verschwenk der S-Bahn entscheidet und dann eine vollständige Neuplanung für den Ausbau der Bestandsstrecke notwendig sein wird, muss mit einer Verzögerung gerechnet werden, die bis in die Mitte des nächsten Jahrzehnts hineinreicht.
Pünktlichkeit der S-Bahn Nürnberg
Wie sensibel das S-Bahnsystem auf Störungen reagiert, zeigt die Pünktlichkeitsstatistik der S-Bahn Nürnberg. Die durchschnittliche Pünktlichkeit im Jahr 2014 lag bei 97 Prozent. Das ist absolut gesehen ein sehr guter Wert, auch im Vergleich mit dem Bundesdurchschnitt im Regionalverkehr der DB mit 94,9 Prozent. Gedrückt wurde die Pünktlichkeit im Jahr 2014 durch die Baumaßnahmen im S-Bahnnetz sowie in der zweiten Jahreshälfte durch die Umleitung des Güterverkehrs Gemünden – Würzburg – Ansbach – Treuchtlingen über die Werntalbahn nach Schweinfurt und weiter via Bamberg und Nürnberg. Angesichts des parallelen Betriebs mit dem Fern- und Güterverkehr auf den Strecken nach Ansbach, Bamberg und Neumarkt ist die Pünktlichkeit der S-Bahn sehr gut zu bewerten. Die Betrachtung macht aber deutlich, wie sehr die Stabilität des Fahrplans von der Auslastung der Strecken sowie der jeweiligen Bautätigkeit abhängt