Metropolregion Nürnberg und Verkehrsverbund nähern sich an
Für die kommenden Jahre kündigt sich beim Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) möglicherweise eine weitere erhebliche Ausdehnung seines Gebietes an. Anfragen mehrerer Landkreise und Städte aus den Regierungsbezirken Ober- und Unterfranken sowie Oberpfalz deuten zumindest in diese Richtung. Schon seit längerer Zeit ist der Anschluss von Stadt und Landkreis Bamberg in Vorbereitung. Die dafür notwendigen Berechnungen laufen auf Hochtouren und dürften im Sommer dieses Jahres abgeschlossen sein. Damit ist der Weg für die abschließenden Beratungen in den Gremien frei. Auch der Landkreis Bayreuth ist fest entschlossen, dem Verbund komplett beizutreten. Von Anfang an sind Plech und Betzenstein im VGN, seit 2005 ist der südliche Teil um Pegnitz und Pottenstein integriert. Eine entsprechende Anfrage der Stadt Bayreuth zu den erforderlichen Berechnungen steht allerdings aus. Doch auch weitere Landkreise und Städte in der Metropolregion sind zum Thema Verbunderweiterung mit dem VGN in Kontakt. Es liegen Anfragen vor aus Stadt und Landkreis Coburg sowie Hof, ebenso aus den Landkreisen Kronach, Kulmbach, Lichtenfels und Haßberge.
In Gang gesetzt wurde diese Entwicklung durch die Diskussion in den Gremien der Metropolregion Nürnberg. Hier begreift man den Zusammenschluss der kreisfreien Städte und Landkreise als einen gemeinsamen Verkehrsraum, in dem der VGN bereits den größten Teil des Kernraumes abdeckt. Mit der Integration von Bamberg und Bayreuth (jeweils Stadt und Landkreis) läge der Kernraum dann vollständig im Gebiet des Verkehrsverkehrsverbundes. Die Städte und Landkreise in der äußeren Zone, dem metropolitanen Netz, könnten mit dem gemeinsamen Nahverkehrstarif enger an den Kernraum gebunden werden.
Auch im Tourismusverband Franken sieht man Vorteile in einer Verbundintegration. Zahlreiche Belege dafür gibt es im bestehenden Verbundgebiet, wo die Zusammenarbeit von Tourismus und Nahverkehr für beide Seiten durchaus erfolgreich ist. Die gemeinsame Vermarktung von Freizeitzielen und Verkehrsangeboten dürfte sicher auch in der restlichen Metropolregion Früchte tragen.
So sieht man das auch in Unterfranken im Landkreis Kitzingen. Mit dem Bocksbeutel-Express, der einige Orte im Landkreis bedient, und der Integration des Bahnhofes Iphofen ist die Weingegend schon näher an die Städteachse Nürnberg/Fürth/Erlangen herangerückt. Mit der beantragten Einbeziehung des Bahnhofes Kitzingen in den Verbund könnte dies noch ausgebaut werden. Umgesetzt wird diese Erweiterung des VGN-Raumes voraussichtlich im Herbst 2008.
Schneller geht es möglicherweise mit einer weiteren Integration, nämlich der des Bahnhofes Otting-Weilheim im Landkreis Donau-Ries. Anlass dafür sind die Pendlerbeziehungen in den benachbarten Verbundraum und nach Nürnberg sowie der Lückenschluss mit dem Augsburger Verkehrsverbund, in den Otting-Weilheim zum August 2006 integriert wurde. In den VGN könnte der Schienenhaltepunkt zum Fahrplanwechsel im Dezember 2007 in den Verbund aufgenommen werden.
Langer Vorlauf erforderlich
Bis es zu einer Integration in den Verkehrsverbund kommt, sind allerdings umfangreiche Vorarbeiten und eine Reihe von Beschlüssen erforderlich. Am Beginn des Verfahrens steht ein Antrag durch den jeweiligen Landkreis oder die kreisfreie Stadt. Danach folgen umfangreiche Berechnungen und Kalkulationen, die von der Verbundgesellschaft durchgeführt werden.
Die Umstellung auf den VGN-Tarif hat fast immer Veränderungen bei den Einnahmen der betroffenen Verkehrsunternehmen zur Folge, in der Regel Mindereinnahmen (Durchtarifierungs- und Harmonisierungsverluste). Vor allem die Fahrgäste, die bislang auf andere Verkehrsmittel umgestiegen sind und dann jeweils einen zusätzlichen Fahrschein lösen mussten, fahren mit dem einheitlichen VGN-Ticket billiger. Außerdem steht den Fahrgästen nach der Integration meist ein umfangreicheres und zum Teil auch günstigeres Fahrkartensortiment zur Verfügung, was oft zu Einnahmenausfällen führt. Die entstehenden Mindereinnahmen müssen den betroffenen Unternehmen ausgeglichen werden. Hier gilt dann das Verursacherprinzip, der Ausgleich erfolgt durch die Gebietskörperschaft, in der die betreffenden Fahrgäste ihren Wohnsitz haben. Der kann im Erweiterungsraum aber auch im bestehenden VGN-Raum liegen. Die Höhe des Ausgleichsbetrages muss durch die Auswertung vorhandener Verkaufszahlen sowie Fahrgastbefragungen ermittelt werden.
Weitere Kosten verursacht eine Erweiterung des Verbundgebietes durch die notwendige Umstellung der Verkaufssysteme. So müssen verbundweit die Fahrausweisautomaten und Fahrscheindrucker umprogrammiert werden, Zielanzeigen an Bahnhöfen abgeändert und die neuen Verbundhaltestellen auf Verbundstandard umgerüstet werden. Diese einmaligen Kosten sind vom jeweiligen Beitrittskandidaten zu übernehmen.
Sind alle diese Arbeitsschritte erledigt und stehen die Auswirkungen der Erweiterung für alle Beteiligten fest, muss die Integration sowohl von den politischen Gremien der Beitrittskandidaten (Landkreis, kreisfreie Stadt) abgesegnet als auch den Verbundgremien (Gesellschafterversammlung und Grundvertragsausschuss) einstimmig beschlossen werden. Wegen der Umstellung des VGN-Fahrplanes sowie der Ausgabe von Fahrkarten im Schülerverkehr treten Verbunderweiterungen üblicherweise zum Fahrplanwechsel oder Schuljahresbeginn in Kraft. Allein die Veränderungen bei Vertriebswegen, Verkaufs- und Informationssystemen sowie die Umrüstung der Haltestellen benötigt eine Vorlaufzeit von neun bis zwölf Monaten.
Folgen einer Verbunderweiterung
Neben den Kosten, die sich aus einer Erweiterung ergeben, hat eine Verbunderweiterung natürlich auch Vorteile. Die Fahrgäste profitieren in erster Linie vom einheitlichen Tarif, Umsteiger mit bisher zwei Fahrausweisen fahren in der Regel mit einem einzigen Fahrschein billiger. Besondere Tickets wie TagesTicket Plus oder 9-Uhr MobiCard sind wegen ihres Preises und auch der Mitnahmemöglichkeiten sehr beliebt. So können weitere Personen aber auch Fahrräder mitgenommen werden. Da der VGN-Tarif von den Preisstufen her begrenzt ist, haben besonders die Weitfahrer einen erheblichen Preisvorteil.
Die verschiedenen KombiTicket-Angebote im VGN sind ein weiteres Plus. Für viele Veranstaltungen gelten die Eintrittskarten auch als VGN-Fahrschein zum Veranstaltungsort, andere Freizeiteinrichtungen geben einen Preisnachlass auf bestimmte Fahrkarten.
Zudem stehen den neuen Fahrgästen alle Informationsangebote des VGN zur Verfügung, so etwa die elektronische Fahrgast- und Tarifinformation, Freizeittipps und Prospekte in Verkaufsstellen und Internet. Im Bereich des Ausflugstourismus können sich die Fahrgäste im bisherigen Verbundgebiet wie auch in den Erweiterungsgebieten über die neuen Ziele und Fahrtmöglichkeiten freuen. Alle Freizeitziele, die mit öffentlichen Linien erreichbar sind, nimmt der VGN in seine Informationsangebote auf.
Ein kleiner Teil der Nahverkehrskunden wird allerdings negativ von der Verbundintegration betroffen sein. Bestimmte Angebote der DB gelten im VGN nämlich nicht, so etwa die Bahn-Card oder das Job-Ticket Bayern.
Terminplan
Unproblematisch erscheint die Erweiterung um den Bahnhof Otting-Weilheim, zwischen Treuchtlingen und Donauwörth gelegen. In diesem Fall sind weder große finanzielle Belastungen noch sonstige Probleme zu erwarten. Der Haltepunkt kann voraussichtlich zum nächsten Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2007 Verbundhalt werden.
Die Berechnungen zur Integration von Stadt und Landkreis Bamberg werden im Herbst 2007 abgeschlossen sein. Über die Ergebnisse werden dann die politischen Gremien vor Ort sowie die Verbundgremien zu entscheiden haben. Die Umsetzung könnte dann im Herbst 2008 geschehen. Derzeit noch ungeklärt ist die Frage ob die Erweiterung Bamberg mehr als die bisherigen zehn Preisstufen für VGN-Fahrausweise erfordert. Dies hätte dann Auswirkungen auch auf das bestehende Verbundgebiet, nämlich bei solchen Relationen auf denen heute schon mehr als zehn Tarifstufen durchfahren werden. Auch hier müsste sich theoretisch die Fahrt dann verteuern. Lösungen für dieses Problem werden derzeit diskutiert.
Von der Lösung dieser Frage hängt auch die Integration des Bahnhofs Kitzingen ab. Er könnte schon zum Fahrplanwechsel im Dezember 2007 in den Verbund aufgenommen werden, mit einer maximalen Preisstufe 10. Damit verbunden wäre aber die Gefahr einer nachträglichen Verteuerung durch eine elfte Preisstufe. Aus diesem Grund erscheint es ratsam, die Integration zeitlich an die Erweiterung Bamberg zu koppeln.
Noch nicht ganz absehbar ist die Terminplanung zur Ausdehnung auf die Stadt und den Landkreis Bayreuth. Sie könnte nach der Erweiterung Bamberg bearbeitet werden. Es steht allerdings noch ein Antrag der Stadt Bayreuth aus, die VGN-Erweiterung durch die Verbundgesellschaft prüfen zu lassen. Dieses wird im VGN jedoch als unbedingte Voraussetzung auch für die Gesamtintegration des Landkreises gesehen. Auch das erforderliche Datenmaterial liegt noch nicht lückenlos vor. Für den Schienenverkehr wird aktuell eine Erhebung vorbereitet, die nach Ostern starten wird. In diese Fahrgastbefragung werden zusätzlich die Strecken mit einbezogen, die für weitere Verbunderweiterungen im metropolitanen Netz relevant sind. Verlässliche Angaben zum Zeitplan lassen sich zum gegenwärtigen Stand nicht machen.