VGN prüft Anfragen weiterer Beitrittskandidaten
Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2007 ist das Gebiet des Verkehrsverbundes Großraum Nürnberg (VGN) um die Bahnhöfe Kitzingen und Otting-Weilheim erweitert worden. Zu einer Ausdehnung in ganz anderer Dimension könnte es in den nächsten fünf Jahren kommen. Denn mittlerweile liegen beim VGN Interessenbekundungen von 13 potentiellen Beitrittskandidaten vor. Schon seit längerer Zeit in Bearbeitung sind die Anfragen von Stadt und Landkreis Bamberg sowie Bayreuth. Die Berechnungen zu einer Erweiterung Bamberg sind im Prinzip abgeschlossen, den erforderlichen Beschluss zum Beitritt hat die Stadt Bamberg im vergangenen November jedoch vorerst verschoben. Mit dem Vollzug dieser beiden Verbundraumerweiterungen wäre der Kernbereich der Metropolregion Nürnberg dann voll in den VGN integriert.
In der Zwischenzeit haben weitere Städte und Landkreise aus dem umgebenden metropolitanen Netz Kontakt zum Verkehrsverbund aufgenommen. Anfragen liegen vor aus: den Landkreisen Lichtenfels, Kulmbach, Kronach, Tirschenreuth, Neustadt an der Waldnaab, der Stadt Weiden sowie Stadt und Landkreis Coburg. Der Landkreis Hof, der nicht Mitglied der Metropolregion ist, hat ebenfalls Interesse bekundet, nicht dagegen die Mitglieder Stadt Hof und Landkreis Wunsiedel. Für den Landkreis Kitzingen wird die Integration der Bahnhöfe Buchbrunn-Mainstockheim und Dettelbach geprüft, im Zusammenhang mit der Erweiterung Bamberg steht ein Auftrag zur Prüfung aus dem Landkreis Haßberge. Keinen Kontakt gibt es mit der Stadt Würzburg, hier arbeitet man an einer eigenständigen Verbundlösung.
Neue Interessenlage
Spielten schon bei früheren Verbundraumerweiterungen neben den Pendlerbeziehungen zur Städteachse weitere Faktoren eine Rolle, so nimmt deren Bedeutung zu. Sehr deutlich ist der politische Wille, den Raum der Metropolregion als einen gemeinsamen Verkehrsraum zu betrachten. Mit der Zugehörigkeit zum Verkehrsverbund würden auch die Außenbereiche im metropolitanen Netz verkehrlich näher an den Kern der Metropolregion heranrücken. Gute Erfahrungen mit einem Beitritt haben bereits die Landkreise Bayreuth und Kitzingen gemacht, nicht zuletzt durch das Engagement des VGN im Freizeitverkehr. So könnte etwa auch der Städtetourismus nach Bamberg, Bayreuth, Kulmbach und Coburg oder der Ausflugsverkehr ins Fichtelgebirge vom VGN-Beitritt profitieren. Weitere verkehrliche Gründe sind der Ausbau und die Intensivierung von Kooperationen der unterschiedlichen Verkehrsträger, ein gemeinsamer Tarif sowie sonstige Synergieeffekte, etwa im ÖPNV-Marketing.
Mit der Ausdehnung des Gebietes würde sich allerdings auch der Charakter des Verbundverkehres ändern. Dessen Schwergewicht liegt heute in der Städteachse sowie im Pendlerverkehr Richtung Nürnberg, daneben gibt es Nahbeziehungen, zum Beispiel im Schüler- und im Besorgungsverkehr. Ein Verkehrsverbund der Metropolregion wäre zukünftig stärker polyzentrisch, mit weiteren Zentren vor allem in Oberfranken und der Oberpfalz.
Weitere Details zu klären
Die gravierendste Änderung, die sich aus einer Verbundintegration ergibt, ist die Umstellung auf den VGN-Tarif. Größter Vorteil für die Fahrgäste: Beim Umstieg auf andere Linien entfällt zukünftig der Kauf eines weiteren Tickets, die Fahrt wird damit grundsätzlich billiger. Dies bedeutet auf der Seite der Verkehrsunternehmen allerdings geringere Einnahmen (Durchtarifierungsverluste), die von den betroffenen Landkreisen und kreisfreien Städten auszugleichen sind.
Ein weiterer Punkt betrifft den Wechsel auf ein neues Tarifsystem mit einem anderen Fahrkartenartensortiment und eventuell abweichendem Preisniveau. Liegt unter dem Strich der VGN-Tarif niedriger, was die Kunden freut, sind von den Gebietskörperschaften wiederum die Mindereinnahmen auszugleichen (Harmonisierungsverluste). Ist der VGN-Preis höher, bedeutet das eine künftig stärkere Belastung der Fahrgäste. Nach Möglichkeit wird bei den Berechnungen aber eine ergebnisneutrale Eintarifierung ohne größere Veränderungen bei Fahrpreisen und Einnahmen angestrebt.
Wie vielschichtig das sein kann, verdeutlicht das Beispiel des Stadtverkehrs Bamberg. Hier liegt der Preis für den Einzelfahrschein in der heutigen Zone 1 bei 1,20 Euro, die Kurzstrecke des VGN kostet dagegen 1,50 Euro und wäre somit um 25 Prozent teurer. Anders sieht es bei den Zeitkarten aus: Für eine Monatskarte fallen in der Zone 1 genau 37 Euro an, die entsprechende Solo 31 des VGN wäre für 32,30 Euro zu haben. Gelöst werden könnte diese Diskrepanz durch eine etwa fünfjährige Übergangszeit, während der man sich dem künftigen VGN-Preisniveau anpasst. Eine andere Variante wäre die Wahl der Preisstufe S des VGN. Diese wurde eigens für kleinere Stadtverkehre kreiert. Bei ihr liegt der Preis für die Einzelfahrkarte aktuell bei 1,20 Euro, wie in Bamberg. Allerdings hätte das dann entsprechend geringere Einnahmen bei den Zeitkarten zur Folge.
Der Fall Bamberg zeigt exemplarisch einen weiteren Sachverhalt auf. So bieten die Stadtwerke eine Vielzahl spezieller Tickets an, wie zum Beispiel die Einkaufskarte, Touristenkarte oder P+R-Tickets, für die es im VGN keine Entsprechung gibt. Betrachtet man die große Zahl möglicher Beitrittskandidaten mit ihren unterschiedlichen Ticketangeboten sowie das bisher verfolgte Ziel eines gemeinsamen Tarifs für alle Verbundpartner und –fahrgäste, dann wird deutlich, dass nicht alle Sondertarife in Zukunft beibehalten werden können. Denn auch nach zukünftigen Verbunderweiterungen muss das Fahrausweissortiment des Verbundes noch für den Kunden überschaubar und verständlich bleiben.
Zeitplan
Vor den Beschlüssen zu einer Verbundraumerweiterung bedarf es umfangreicher Berechnungen. In einigen Fällen müssen noch die erforderlichen Grundlagendaten mittels Erhebungen beschafft werden. Liegen alle Berechnungen vor, haben die Gremien der Gebietskörperschaften und des Verkehrsverbundes die jeweilige Erweiterung zu beschließen. Zudem bedarf es zur Umstellung der Verkaufs- und Informationssysteme einiger Zeit. Zum aktuellen Sachstand hat die Verbundgesellschaft einen Zeitplan mit den frühestmöglichen Beitrittsterminen erstellt.
Demnach wäre die Integration von Stadt und Landkreis Bamberg sowie Bayreuth ab dem Jahr 2010 möglich, ebenso die erwogene Aufnahme der Schienenhaltepunkte in den Landkreisen Haßberge und Kitzingen ins Netz des VGN. Die Erweiterungen Bayreuth und Bamberg haben mit Blick auf ihre geografische Lage eine Schlüsselfunktion. Denn nur wenn diese Verkehrsgebiete eingegliedert sind, lassen sich die Erweiterungen im restlichen Oberfranken bzw. im Landkreis Haßberge realisieren. Eine Ausdehnung des Verbundgebietes ist grundsätzlich nur ohne weiße Flächen in der Landkarte umsetzbar.
Nach Bamberg und Bayreuth könnten die anderen oberfränkischen Kandidaten frühestens ab 2012 dem VGN beitreten. Zum Teil liegen hier schon die erforderlichen Daten für die Berechnungen vor. In den weiteren Fällen, also zu den Anfragen der Landkreise Tirschenreuth und Neustadt a.d. Waldnaab sowie der Stadt Weiden und dem übrigen Landkreis Haßberge, wird die Beschaffung der Daten geprüft und vorbereitet.