VGN-Gremien beschließen Erhöhung der Fahrpreise zum 1. Januar 2022
Nach drei Jahren passt zum 1. Januar 2022 der Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) seine Fahrpreise erstmals wieder an die Entwicklung der Kosten an. Das haben die Gesellschafterversammlung und der Grundvertragsausschuss des VGN in ihren Sitzungen am 24. Juni sowie am 15. Juli 2021 beschlossen. Obwohl die Aufwendungen für das Verkehrsangebot den Rekordwert von 831 Millionen Euro erreicht haben, konnte der Verkehrsverbund seine Ticketpreise seit Januar 2019 stabil halten, dank der finanziellen Unterstützung durch den Freistaat Bayern sowie der kreisfreien Städte und Landkreise im VGN. Doch nun benötigen die rund 135 Verkehrsunternehmen im VGN dringend mehr Mittel um die Verkehrs- und Serviceleistungen zu sichern und weiter ausbauen zu können. Deshalb wird das Tarifniveau zum Jahreswechsel um 5,5 Prozent angehoben. „Damit wir unseren Fahrgästen weiterhin einen attraktiven ÖPNV bieten können, brauchen die Verkehrsunternehmen ausreichende Mittel. Auch für unsere Zukunftsaufgaben wie die Digitalisierung und die Verkehrswende müssen wir handlungsfähig bleiben“, erklärt VGN-Geschäftsführerin Anja Steidl.
Um noch mehr Fahrgästen den Zugang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erleichtern, sind zum Beispiel die Einführung eines E-Tarifs mit neuen Abrechnungs- und Rabattmodellen sowie eine übergreifende Mobilitätsplattform zur Nutzung verschiedener Verkehrsdienstleistungen in Planung. Mit Blick auf die sich verändernden Mobilitätsbedürfnisse der Menschen in Stadt und Land sollen auch die Verkehrsangebote angepasst und erweitert werden. „Das alles ist aber nur zu schaffen, wenn wir diese Verbesserungen auch finanzieren können. Es geht nur durch die Beteiligung aller, sei es über die Fahrpreise oder durch Steuermittel“, bekräftigt Steidl.
Zuschüsse der öffentlichen Hand
Auch der drastische Einbruch der Fahrgeldeinnahmen durch die Corona-Pandemie bringt die Verkehrsunternehmen in starke Bedrängnis. Denn sie hatten die Verkehrsleistung zu Zeiten der Lockdowns nicht oder nur in geringem Maße zurückgefahren, um den Fahrgästen möglichst viel Platz und Abstand in den Fahrzeugen zu bieten. Den Ausfall von Fahrgeldeinnahmen im Jahr 2020 haben Bund und Freistaat mit dem ÖPNV-Rettungsschirm weitestgehend ausgeglichen und so den Betrieb der Linien und auch die Existenz vieler privater Verkehrsunternehmen gesichert. Allerdings werden alle Betriebe noch mehrere Jahre mit den Auswirkungen der Pandemie auf die Fahrgastzahlen sowie die Einnahmen zu kämpfen haben. Der Großteil der Unternehmen im VGN erbringt die Verkehrsleistungen zudem im Vergabewettbewerb. Sie hatten ihre Angebote scharf kalkuliert, ein finanzieller Puffer ist bei ihnen nicht vorhanden. Die kommunalen Verkehrsbetriebe müssen die Belastung der städtischen Haushalte durch höhere Defizite möglichst begrenzen. Angesichts dieser äußerst angespannten wirtschaftlichen Situation können die VGN-Unternehmen nicht auf die Anpassung der Fahrpreise verzichten.
Stadt Nürnberg finanziert Aussetzung
Nach dem Nürnberger Stadtratsbeschluss vom 17. Juni 2020 sollen Fahrpreiserhöhungen in Nürnberg noch um ein weiteres Jahr verschoben werden. Das heißt, die Preise in der Tarifstufe A und K bleiben zum 1. Januar 2022 unverändert. Der entsprechende Ausfall von Einnahmen wird von der Stadt Nürnberg ausgeglichen. Die anderen Städte und Landkreise im VGN sehen für sich keine Möglichkeit auf den notwendigen Ausgleich der Kostensteigerung zu verzichten. „Während die Preise unserer Tickets seit 2019 unverändert geblieben sind, haben sich die Aufwendungen für die Verkehrsleistung fortwährend erhöht. Diese Schere in der Entwicklung von Kosten und Einnahmen muss nun dringend geschlossen werden, damit der ÖPNV weiter funktionieren kann“, erläutert Steidl. Die beschlossene Erhöhung von 5,5 Prozent zum 1. Januar 2022 setzt sich zusammen aus dem Anstieg der Kosten um 2,61 Prozent im Jahr 2021 sowie der prognostizierten Kostensteigerung für das Jahr 2022 von 2,82 Prozent.
Mit diesem Schritt wird noch eine weitere Schere geschlossen: Denn in den Jahren 2012 und 2016 lagen die Erhöhungen der Fahrpreise im Tarifgebiet Nürnberg wegen der finanziellen Situation des Stadtverkehrs teilweise über dem durchschnittlichen Prozentwert im VGN. Mit dem Aussetzen in Nürnberg und einer umgesetzten Fahrpreiserhöhung zum Jahreswechsel im restlichen Verbundraum, wird nun wieder ein einheitliches Tarifniveau im gesamten VGN erreicht.
Ab 2023 sollen Fahrpreise nach einem neuen Verfahren fortgeschrieben werden. Bei diesem berechnen sich künftige Tarifanpassungen zu je 50 Prozent nach einem VGN-spezifischen Kostenindex sowie einem zweiten Indexwert, der die Einkommensentwicklung privater Haushalte im Durchschnitt der letzten drei Jahre berücksichtigt. Dieses Verfahren schafft eine transparente und nachvollziehbare Entscheidungsgrundlage für künftige Beschlüsse der Gremien des Verkehrsverbundes sowie der Kommunalpolitik. Den Aufgabenträgern und den Verkehrsunternehmen, die ihre Verkehrsleistungen erbringen müssen und zum Teil für Ausschreibungen kalkulieren müssen, bietet dieser Weg die notwendige Planungssicherheit.
VGN-Studie zum 365-Euro-Ticket
In der öffentlichen Diskussion befindet sich immer wieder ein 365-Euro-Ticket für alle Fahrgäste. Der VGN hat deshalb im Frühjahr eine Studie in Auftrag gegeben, die untersucht, ob und wie ein neues Abo-Modell nach dem Vorbild eines 365-Euro-Tickets im gesamten VGN-Gebiet eingeführt werden kann. Bislang ist ein solches Angebot nach dem erwähnten Stadtratsbeschluss vom Juni 2020 nur in Nürnberg geplant. Zu den Fragestellungen der Studie gehören die Entwicklung geeigneter Tarifmodelle, das Nachfragepotenzial sowie die Kosten und Möglichkeiten der Finanzierung etwaiger Lösungen. Die Ergebnisse des Gutachtens werden im Oktober dieses Jahres erwartet.
Ausführliche Hintergrundinformationen und Videos zum Thema bietet der Verkehrsverbund unter www.vgn.de/tarifbeschluss.