Beirat der BEG: SPNV in den Ballungsräumen stärken
Mit einer an den bayerischen Verkehrsminister Hans Reichhart gerichteten Resolution fordert der Beirat der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) zusätzliche Gelder zur Stärkung des Schienenverkehrs in den Ballungsräumen. Dazu haben die Verkehrsverbünde in München, Nürnberg, Augsburg, Regensburg und Würzburg Vorschläge zur Verbesserung des Verkehrsangebots erarbeitet.
Die Staatsregierung stellt der BEG höhere Finanzmittel für die Sicherstellung eines bayernweiten stündlichen Grundtakts auf allen bayerischen Schienenstrecken zur Verfügung. Damit bringt sie den Schienenverkehr im ländlichen Raum und auf den übergreifenden Relationen weiter voran. „Jetzt geht es darum, den SPNV in den Ballungsräumen noch mehr zu stärken“, erklärt der Vorsitzende des BEG-Beirats und Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Großraum Nürnberg, Andreas Mäder. „Damit entlasten wir die Zentren, erhalten die Lebensqualität der Menschen in den Städten und leisten einen zusätzlichen Beitrag zu Luftreinhaltung und Klimaschutz“, so Mäder weiter.
Das Maßnahmenbündel zielt darauf ab, die Leistungsfähigkeit und die Attraktivität des SPNV im Einzugsbereich der Zentren schon kurzfristig und mit einem moderaten Einsatz von Mitteln zu erhöhen. Dazu gehören die Schließung von Taktlücken, der Ausbau von Früh- und Nachtfahrten sowie weitere Optimierungen des Fahrplanes. Die geschätzten Kosten belaufen sich auf rund 15 Millionen Euro für das Gebiet des MVV, etwa 6,5 Millionen Euro für den VGN und rund fünf Millionen für den RVV jährlich.
Die verkehrlichen Maßnahmen im Detail:
- Ballungsraum München
Kurzfristig sind folgende Angebotsverbesserung bei der S-Bahn München umzusetzen, die ohne Investitionen in neue Fahrzeuge bzw. in die Leistungsfähigkeit der Netze bestellt werden könnten:
Betriebliche Verbesserungen – Schließung von Taktlücken
Noch immer existieren auf vielen Linien unregelmäßige Taktsprünge und Taktlücken, die die Merkbarkeit und damit generell die Attraktivität des Angebots deutlich schmälern. Ein so großer und dicht besiedelter Ballungsraum braucht einen durchgehenden 20-Minuten-Takt von 4.30 Uhr bis 23 Uhr. Nur damit steht Bayerns Landeshauptstadt auf einer Ebene mit Berlin oder Hamburg.
Mehr Früh- und Nachtfahrten
Die aktuellen Betriebszeiten der Münchner S-Bahn gehen von circa 5 Uhr morgens bis circa 1 Uhr nachts. Danach gibt es kein regelmäßig vertaktetes Leistungsangebot. Das ist für einen derart prosperierenden Großraum nicht mehr zeitgemäß. Ein merkbares Leistungsangebot rund um die Uhr (z. B. 60-Minutentakt in den Nachtstunden) auf allen Ästen ist daher perspektivisch einzuführen. Das könnte ein verbessertes Nachtangebot auch im Regionalbusverkehr nach sich ziehen. Schon ein Betriebsbeginn der S-Bahn München um etwa 4.30 Uhr würde vielen Schichtarbeitern nützen. Profitieren könnten auch Fernreisende, die einen frühen Zug am Hauptbahnhof oder eine Flugverbindung am Flughafen München erreichen müssen.
Alle Leerfahrten als Personenfahrten durchführen
Damit lassen sich bestehende Kapazitätsengpässe sehr einfach und zeitnah beseitigen.
- Ballungsraum Nürnberg
Ohne zusätzlichen Ausbau der Infrastruktur könnten folgende Maßnahmen kurzfristig umgesetzt werden:
Nacht-S-Bahnen bei der S-Bahn Nürnberg
Die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (ZVGN) hat in ihrer Sitzung am 16. Juli 2019 einstimmig beschlossen, gegenüber dem SPNV-Aufgabenträger erneut die Realisierung eines Nachtverkehrs im gesamten S-Bahn-Netz Nürnberg an Wochenenden und Feiertagen zu fordern. Der Verbandsvorsitzende und Nürnberger Oberbürgermeister, Dr. Ulrich Maly, hat zwischenzeitlich in einem Schreiben an Staatsminister Hans Reichhart auf die Ausschreibung des Nürnberger S-Bahn-Netzes im Dezember 2013 verwiesen. Bei dieser war der Nachtverkehr auf allen S-Bahn-Linien als Eventualposition enthalten, wurde jedoch bei der Auftragsvergabe an die DB Regio AG nicht bestellt. Bei einer Gesamtleistung von jährlich 7,2 Mio. Zugkilometern würden diese Nachtverkehre lediglich eine Zunahme von rund 160.000 Zugkilometern pro Jahr bedeuten.
Betriebliche Verbesserungen im S-Bahn-Netz – Schließung von Taktlücken
Der S-Bahn Ausschreibungsfahrplan (Betriebsstufe 1) weist an Werktagen (Montag bis Freitag) streckenbezogen eine unterschiedliche Anzahl an Fahrten von 78 bis 108 (Summe beider Richtungen) aus. Der ZVGN strebt bei wachsender Nachfrage im Kernnetz der S-Bahn Nürnberg in den Betriebszeiten zwischen 5.00 Uhr und 20.00 Uhr ein einheitliches Bedienungsangebot im 20-Minuten-Takt an. Dies erfordert Taktverdichtungen auf den Abschnitten
- Nürnberg – Neumarkt von 94 Fahrten auf 108 Fahrten;
- Nürnberg – Ansbach von 93 Fahrten auf 108 Fahrten;
- Schwabach – Roth von 92 Fahrten auf 108 Fahrten;
- Erlangen – Forchheim von 78 Fahrten auf 108 Fahrten;
Mit den Taktverdichtungen sind in Summe Mehrleistungen von rund 450.000 Zugkilometer jährlich verbunden.
- Ballungsraum Augsburg
Vorzeitige Einführung eines 30-Minuten Taktes an Samstagen auf den Strecken Augsburg – Dinkelscherben und Augsburg – Aichach
Mit Betriebsaufnahme der Augsburger Netze im Dezember 2022 soll auf den oben genannten Strecken der 30-Minuten-Takt eingeführt werden. Auf Grund der starken Pendlerströme in die Stadt Augsburg ist dieser dichte Takt jedoch schon heute erforderlich. Daher ist eine vorzeitige Einführung des 30-Minuten Taktes sinnvoll und wird seitens des AVV unterstützt.
Nachtzüge ab Augsburg in den Nächten Freitag/Samstag sowie Samstag/Sonntag in alle Richtungen um ca. 2.00 Uhr
Derzeit besteht die letzte Fahrtmöglichkeit ab Augsburg um ca. 1.00 Uhr. Gerade an Wochenenden ist der Betriebsschluss für viele Abendveranstaltungen zu früh. Fahrgäste, die öffentlich anreisen, haben keine Möglichkeit mehr, mit dem SPNV zurückzufahren. Der AVV betreibt ein Netz von Nachtbuslinien, welches von den Kunden sehr gut angenommen wird. Daher empfiehlt sich auch die Einführung von nächtlichen Fahrtmöglichkeiten im Schienenverkehr um ca. 2.00 Uhr ab Augsburg.
Bessere Verteilung der Taktlage der Züge innerhalb einer Stunde
Die derzeitige Verteilung der Abfahrten innerhalb einer Stunde entspricht keinem Taktverkehr. Obwohl mehrere Abfahrten pro Stunde erfolgen, sind diese teilweise nur im Minutenbereich voneinander entfernt. Beispielsweise verkehren von Augsburg nach Schwabmünchen nachmittags drei Züge pro Stunde, allerdings mit teilweise großen zeitlichen Lücken (Abfahrt Augsburg Hbf. nach Schwabmünchen 16.15, 16.33, 17.02). Eine bessere Vertaktung ermöglicht auch besser vertaktete Verknüpfungen an den Endbahnhöfen mit den abbringenden Bussen.
- Ballungsraum Regensburg
Die aktuelle Planung der BEG sieht vor, dass die heutigen Leistungen des agilis-Netzes zum Fahrplanjahr 2023 neu ausgeschrieben werden. Im Rahmen dieser Neuausschreibungen sollen erfreulicherweise einzelne Angebotsverdichtungen berücksichtigt werden, die voraussichtlich ohne umfangreiche Infrastrukturmaßnahmen (z. B. Kapazitätsausweitungen zwischen Regensburg Hbf. und Obertraubling) umgesetzt werden können.
Zur kurzfristigen Attraktivierung des SPNV-Angebotes im ostbayerischen Raum sollten die folgenden Angebotsausweitungen bereits kurzfristig durchgeführt werden:
- Verdichtung des RE-Verkehrs zwischen Nürnberg, Neumarkt i. d. OPf. und Regensburg auf einen Stunden-Takt (bislang 2-Stunden-Takt)
- Verlängerung der Hauptverkehrszeiten mit mindestens halbstündiger Bedienung zwischen Regensburg Hbf. und Parsberg, Straubing, Ingolstadt und Eggmühl
- Stündliche Verlängerung der im 30-Minuten-Takt zwischen Regensburg – Schwandorf verkehrenden Züge bis Furth im Wald
Aktuell erarbeitet die Bayerische Eisenbahngesellschaft gemeinsam mit RVV, Stadt und Landkreis Regensburg ein Konzept zur mittel- bis langfristigen Verbesserung des SPNV im ostbayerischen Raum. Auch hier gilt es zu prüfen, in wieweit einzelne Verbesserungsmaßnahmen ggf. bereits heute schon umgesetzt werden könnten.
- Ballungsraum Würzburg
Eine Taktverbesserung des SPNV im aktuellen Verbundgebiet (Planungsregion 2) und im Verbundraumerweiterungsgebiet (Planungsregion 3) sowie insbesondere zwischen den beiden Gebieten ist für die Region Mainfranken äußerst erstrebenswert. Gemäß einer aktuellen Studie von Probst und Consorten (Juni 2019) verfügt der VVM derzeit im deutschlandweiten Vergleich bereits über sehr günstige Tarife im Dauerkartenbereich. Dementsprechend kann eine Neukundengewinnung (bzw. der Erhalt des momentanen Kundenstamms) am besten über eine Verbesserung des Angebots erfolgen. Neben einer grundsätzlichen Verdichtung des Taktverkehrs bietet sich auch eine Verbesserung des Angebots an Spätverbindungen vor allem am Wochenende an.
Mitglieder des Beirats der Bayerischen Eisenbahngesellschaft mbH (BEG)
Verkehrsverbünde:
Augsburger Verkehrsverbund (AVV)
Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV)
Nahverkehr Mainfranken (NVM)
Regensburger Verkehrsverbund (RVV)
Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN)
Wirtschaft:
Bayerischer Handwerkstag
Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern
Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.
Verbände:
Bayern Tourismus Marketing GmbH
Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmen e. V.
Pro Bahn Landesverband Bayern e. V.
Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. (VDV)
Gewerkschaften:
DGB – Landesbezirk Bayern
Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) Landesverband Bayern